Planung ersetzt Zufall durch Irrtum und ein Ziel ohne Plan ist nur ein Wunsch!
Wie schnell aus einer schönen Wanderung eine „lebensbedrohliche“ Situation entstehen kann und weil ein Ziel allein nicht genügt, erfahrt Ihr wenn das Licht angeht. „Plopp, das heisst Stop. Nur noch einen Hopp, dann bleibt es dabei“. Die „älteren“ unter uns erinnern sich. Die Kindersendung 1,2 oder 3 mit Michael Schanze aus den 80er Jahren soll hier als mentaler Bildschirmschoner für das Kopfkino herhalten.
Ich gelte in meinem Umfeld als hervorragender Organisator, was wohl soviel bedeutet, als dass ich gerne bis ins Detail plane bevor ich mich in ein selbstgewähltes Abenteuer stürze. Aber wieviel Spontanität bleibt bei einer 100%igen Planung? Ja genau, eher wenig. Gerade deshalb wollte ich für unsere ersten Wanderferien auf einer Kanareninsel nicht zu viel Spannung herausnehmen. Die Vorbereitung beschränkte sich somit auf das Querlesen der vierhundertseitigen Reiseunterlagen, dem Kauf einer Outdoor-App (wie Kojot aber als Kommode) und dem Herunterladen der möglichen Wanderrouten im passenden Format. Zack, erledigt - bin schon bereit für das Wandererlebnis!
„R U M S “ - der Flug unseres *Airbus A320 endet auf 64m Meereshöhe spürbar auf der Landepiste des südlichen Flughafens Reina Sofia. Fragende Blicke der Passagiere und das anschliessende kollektive Aufatmen von 83 Nasen bringen Gewissheit: Wird sind wohlbehalten in Teneriffa, der vulkanischen Schönheit angekommen. *Luft-Bus fahren finde ich übrigens eine treffende Beschreibung, was früher ja einmal Fliegen genannt wurde!
Kurz die Kniescheiben sortieren und dann raus aus der Kiste, noch die Koffer sicherstellen und den Mietwagen in Empfang nehmen. Die erste Überraschung: Die Leute dort sind nett! Also „natürlich“ nett, einfach nur nett und hilfsbereit. Bin schon ganz entzückt. Nach ca. 1 Stunde sitzen wir in einem weissen Wie-Double-You, oder wie der Volksmund sagt, einem VW Golf. Das erinnert mich an das Märchen mit Radkäppchen und dem bösen Golf, aber das ist lange her, …
Ja und die Hotels, einfach wunderschön - eines muss man den Insel-Eroberern schon lassen, dieser Kolonialstil von 17 hundertsowieso hat schon was. Wir fühlen uns wohl, das Essen ist nicht nur ein Gericht sonder ein Gedicht! Wir verbringen also die folgenden Tage mit gemütlichen Wanderungen, Strandbesuchen oder Bummeln über schöne Marktgassen. Was man halt so macht auf einer Insel.
Am Tag vor unserer Abreise ist dann die letzte Wanderung im Nordosten der Insel auf dem Plan. Die Route heisst ES0094 Chamorga. (Kenndaten 3.8 Std - 9.33 km - 2.5 km/h - 610 m Aufstieg - 630 m Abstieg - ein Sonntagsspaziergang!
Bei der langen Anfahrt an den Startpunkt der Wanderung drehe ich das Lenkrad im Sekundentakt wie bei einem TCS Fahrtraining von links nach rechts und zurück. In Chamorga angekommen betrachten wir sogleich die Wandertafel. Ich lese etwas von 6 Std für Route TF6; ist wohl etwas länger als die ursprünglich „geplante Route“. Wir täppeln hinunter, durchqueren ein wildes Tal in Richtung Rogue Bermejo und steigen gleich wieder auf zum ersten Etappenziel, dem Leuchtturm Faro de Anaga. Bereits sind über 2 Stunden vergangen und immer wieder treffen wir auf andere Wanderer. Nach dem Leuchtturm kommen wir an eine Abzweigung. TF6 geht gemäss App rechts an der Steilküste entlang, TF6.1 als direkte Linie über den Bergrücken zurück nach Charmorga. Dass die Tafel für TF6 fehlt interpretiere ich als °°Bubenstreich. Auch dass alle anderen die direkte Route nehmen, ignoriere ich trotz dumpfen Bauchgefühl gekonnt. Schliesslich bleiben wir so auf gleicher Höhe und sparen somit Energie!
Der Weg ist ausgesetzt, teilweise abgerutscht und als wäre dass noch nicht genug steht plötzlich ein Ziegenbock mit Schlappohren im Weg! In seinem Blick glaube ich Unverständnis und Entsetzen lesen zu können. Er macht uns aber schliesslich Platz und wir gehen weiter. Ach ja, eine Steilküste heisst so weil es halt furchtbar steil ist. Der Weg ist schmal, ein Fehltritt und …. Nur einfach ruhig bleiben, einen Schritt nach dem anderen, den Blick geradeaus (nicht runterschauen!). Es ist bereits nach 16.00 Uhr, unser Wasser geht zu Neige und die gesalzenen Nüsse helfen dabei auch nicht wirklich. Meine Frau spürt meine aufkommende Unsicherheit, denn ständig hasche ich einen Blick auf die App. Nächster Schreck, es ist kein Netz vorhanden! Nur ein Punkt auf der Karte zeigt mir, dass wir noch weit weg von jeglicher Zivilisation sind. Wir wechseln nun von Wandermodus auf Überlebensmodus. Unser Ziel ist es hier einfach wieder gesund rauszukommen. Zwischendurch fluche ich im Flugmodus wie ein Rohrspatz ob meiner schludrigen Vorbereitung. Ich versuche den Fokus zu behalten, den Gedanken einer Nacht im Freien wische ich mit dem Schliessen der „Kojot“ App nach oben weg. Endlich kommen vereinzelte Häuschen in Sicht. Diese scheinen aber aktuell nicht bewohnt, hier ist wirklich keine Menschenseele! Diese Weite und Einsamkeit, die ich mir manchmal für die Schweiz wünsche, bekomme ich nun geschenkt, kann es aber nur bedingt geniessen. Unsere Wasserflaschen sind jetzt praktisch leer.
Ich schätze die Distanz zum nächsten Dorf auf ca. 5 km (Luftlinie). Wir marschieren Richtung Westen, der untergehenden Sonne entgegen. Wir können es schaffen, wenn wir nur etwas Wasser finden. Eine weitere Schlucht später erreichen wir ein Haus mit Hund und Dame. Kurz bevor Sie im Haus verschwinden möchte, fragen wir höflich und leicht verzweifelt nach etwas Wasser. Überglücklich bezahlen wir Ihr 4 Euro, welche Sie erst gar nicht annehmen möchte und stapfen nun endlich auf einer Strasse unserer Rettung entgegen. Es ist schon nach 18.00 Uhr als wir endlich den kleinen Ort Benijo erreichen. Wir fragen einen jungen Mann ob wir mit einem Bus oder Taxi zurück nach Chamorga kommen könnten. Eine Stimme hinter mir sagt: „Do you want to Chamorga? It seems that we have the same problem!“ Ein Ehepaar aus Belgien mit Ihrer Tochter haben bereits ein Taxi bestellt. Da es nur Platz für 4 Personen bietet, lasse ich meine Frau mit Bargeld und dem Versprechen zurück, Sie schnellstmöglich mit unserem Auto wieder hier abzuholen. Ich denke nur „Slalom Baby“ und steige ein. Dass diese Fahrt so viel Zeit in Anspruch nehmen würde, hätte ich nicht gedacht. Für die 2.7 km Luftlinie nach Chamorga, benötigte der Taxifahrer 80 min! Er verrät uns während der Fahrt wo er seinen Hausschlüssel versteckt hat, falls wir mal übernachten wollten - kein Problem.
Nun, wir hatten tatsächlich unser Primärziel erreicht und es schliesslich doch noch geschafft wieder zurück ins Hotel in La Laguna zu kommen. Die Analyse ergab, dass ich jegliche Zeichen für eine Korrektur bzw. einen Abbruch der Route missachtet habe. Zudem war mir nicht bewusst dass es in diesem Teil der Insel praktisch kein Netz verfügbar ist. Wieder zuhause angekommen, habe ich dann versucht die Route manuell zu erstellen, das App hatte mir diese Variante aber verweigert. Der Grund: Diese Route war gesperrt!
Im Nachgang denke ich, dass der Routenname Charmorga ein Bündner Codename für „Cha Morga“ - „kein Morgen“ bedeutet!
Fazit: Planung ersetzt Zufall durch Irrtum und ein Ziel ohne Plan ist nur ein Wunsch!
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°° Ausdruck aus einer Zeit vor dem Gendern, welcher suggeriert dass tendenziell eher junge Menschen männlichen Geschlechts sich zu Streichen hinreissen lassen. Definition für Streich gem. Wörterbuch: „Meist aus Übermut, Mutwillen oder Spass ausgeführte Handlung, mit der andere geneckt, getäuscht, hereingelegt werden.
Daniel Bandemehr, 28.03.2024